Natürliche Antibiotika: Antibakterielle und antivirale Lebensmittel - SWR1

2022-10-27 10:43:19 By : Ms. Rose Wong

Natürliche Entzündungshemmer in Lebensmitteln

Schmerzender Rachen, entzündete Blase, laufende Nase – im Herbst und Winter sind wir besonders anfällig für Infekte. Aber ist es nötig, sofort zum Antibiotikum zu greifen?

Nicht unbedingt, denn manche Entzündungen können auch eine virale Ursache haben. Mit den richtigen Lebensmitteln können wir die Entzündung meist einfach wegessen. Nicht nur Medikamente können uns in der kalten Jahreszeit helfen. Auch etliche unserer Lebensmittel wirken gegen krank machende Keime.

Sie sind die „pflanzlichen Antibiotika“ schlechthin mit ihren scharfen, meist flüchtigen Senfölen. Ihre Schärfe steigt in die Nase, lässt sie laufen und die Augen tränen, weil die ätherischen Öle als Gas verdampfen – und sie helfen nachweislich. Senföle entstehen, wenn schwefelhaltige Glucosinolate (sekundäre Pflanzenstoffe) mithilfe von Enzymen abgebaut werden. Das passiert, wenn wir etwa Meerrettich, Kresse oder Kohl schneiden. Dann kommen die in den Pflanzen getrennt eingelagerten Substanzen zusammen. Eigentlich ein Abwehrmechanismus der Pflanzen gegen Fraßfeinde.

Senföle wirken antibakteriell und antiviral. Wissenschaftlich belegt und besonders wirksam sind sie bei bakteriellen Blasenentzündungen. Die Senföle wirken, weil sie mit dem Harn wieder ausgeschieden werden, die antibakterielle Flüssigkeit also in direkten Kontakt mit der Entzündung kommt.

Die Senföle werden außerdem über die Lunge abgeatmet. Das passiert zwar nicht in so hoher Konzentration wie im Urin, Untersuchungen zeigen aber, dass sie trotzdem Infektionen der oberen Atemwege, der Bronchien, lindern können. Anders als klassische Antibiotika überwinden Senföle sogar den schleimigen Biofilm, mit dem sich Keime in Kolonien schützen. Das gilt auch für die besonders gefürchteten multiresistenten Bakterien. Die keimtötende Wirkung der Senföle hält etwa 20 Stunden an.

Senföle aus rohen Lebensmitteln wirken am besten: Meerrettich frisch reiben und in kleinen Mengen in Salat oder aufs Butterbrot. Sushi-Liebhaber greifen bei der Wasabi-Paste zu. Rettich, Radieschen, Rucola und Kapuziner- und Gartenkresse sind ebenfalls voll mit den antibakteriellen Senfölen.

Eine Salatsauce mit Senf ergänzt sie wunderbar. Wer im Winter lieber warm isst, gart Brokkoli und andere Kohlarten möglichst schonend, etwa im Dampfgarer, um die Senföle gut zu erhalten. Auch Senfsuppe ist eine Möglichkeit. Wer gezielt eine sich anbahnende Erkältung in den Griff kriegen will und nicht gern täglich scharf isst, der kann auch auf hoch konzentrierte Senföle aus der Apotheke zurückgreifen. Das sind dann freiverkäufliche Tabletten mit den Wirkstoffen aus Kapuzinerkresse und Meerrettich.

Schwefelverbindungen wirken auch in diesen Lauchgewächsen antibakteriell. Allicin heißt das Öl, das für den typischen Geschmack verantwortlich ist. Auch Allicin entsteht erst, wenn etwa die Knoblauchzehe gepresst oder zerkaut wird. Dann wandelt sich die schwefelhaltige Aminosäure Alliin durch ein Enzym in Allicin um.

Darüber hinaus werden weitere schwefelhaltige Substanzen für die Schärfe von Lauchgewächsen verantwortlich gemacht. Darunter eine, die dafür sorgt, dass uns beim Zwiebelschneiden die Augen tränen. Die Schwefelverbindungen helfen außerdem, Schleim dünnflüssiger zu machen, sodass er besser abgehustet werden kann.

Roher Zwiebelsaft hat eine natürliche antibiotische Wirkung. Deshalb lindern auch warme Zwiebelsäckchen etwa Ohrenschmerzen. Zwiebelsirup gilt als hilfreich gegen Halsschmerzen und Husten. Zwiebeln und Lauch genießen wir oft gegart oder angebraten. Nicht zuletzt, weil das für einen milderen Geschmack sorgt. Aber weil die antibakteriellen Wirkstoffe hitzeempfindlich sind, gehen sie beim Anbraten verloren. Wer also was vom pflanzlichen Antibiotikum im Essen haben will, sollte die Zwiebeln und den Lauch einem Salat zufügen oder Knoblauchbutter zubereiten.

Alle drei sind Ingwergewächse, haben deshalb ähnliche Inhaltsstoffe und Wirkungen.

Ingwer enthält reichlich ätherische Öle und scharfe Gingerole und Shoagole. Dadurch wirkt die Knolle sowohl schmerzlindernd als auch antibakteriell und teilweise antiviral. Bei frischem Ingwer dominieren die Gingerole, die auch für den herben zitronig-scharfen Geschmack verantwortlich sind. Bei längerer Lagerung sowie durch Trocknung entstehen aus den Gingerolen sogenannte Shogaole. Sie sind doppelt so scharf wie die Gingerole.

Frischer Ingwer scheint effektiver gegen Viren und Bakterien zu wirken als getrockneter. Doch die Zusammenhänge und Wirkungen sind in dieser Hinsicht noch nicht eindeutig wissenschaftlich geklärt. Ingwer kann nachweislich Schmerzen lindern, weil er ein Enzym blockiert. Außerdem hemmt Ingwer die Blutgerinnung und fördert die Durchblutung. Deshalb wird Schwangeren gegen Ende ihrer Schwangerschaft davon abgeraten, Ingwer gegen Übelkeit einzunehmen, weil er Wehen auslösen könnte. Wer regelmäßig Medikamente einnimmt, sollte den Einsatz von Ingwergewächsen mit dem Arzt abklären.

Galgant, auch Siam-Ingwer oder Thai-Ingwer genannt, bildet ähnliche Wurzelrhizome wie Ingwer und schmeckt scharf-bitter. Galgant wirkt auch wie Ingwer. Beide sind besonders effektiv gegen Entzündungen im Mundraum. Kurkuma, auch Gelbwurz genannt, schmeckt leicht bitter und würzig. Wir kennen es seit Langem als Bestandteil im Currypulver.

Curcumin ist der Farbstoff der Wurzel und ein sekundärer Pflanzenstoff. Hochkonzentriertes Curcumin, nicht das Gewürz an sich, konnte in Studien Darmentzündungen verhindern, das ganze Gewürz Entzündungen im Mundraum lindern. Um die Bioverfügbarkeit des Pulvers wird noch gestritten, weil Kurkuma nicht wasserlöslich ist. Öl und Hitze verbessern aber die Aufnahme. Außerdem kann hochdosiertes Curcumin die Wirkung von Medikamenten verändern.

Ingwer und Galgant können in allen möglichen Speisen genossen werden: frisch gerieben an Eintöpfen und Currys, ebenso kandiert oder als Tee. Dafür sollten dünne Ingwerscheiben etwa 10 Minuten lang in Wasser gekocht und das Getränk möglichst warm getrunken werden. Weil die Wirkstoffe kaum hitzeempfindlich sind, können wir sie vielfältig nutzen.

Kurkuma nutzen wir getrocknet als Gewürz, meist gemahlen. Wir können es vielen herzhaften Speisen und Gewürztees einsetzen. Dann ist auch nicht mit Wechselwirkungen zu rechnen.

Etliche Kräuter haben ein antibakterielles Potenzial, das meist auf deren ätherischen Öle zurückzuführen ist. Und auch Gewürze, speziell die wärmenden, können damit punkten und unser Immunsystem unterstützen.

Salbei und Thymian ergeben das perfekte Mittel bei Erkältungen. Beide wirken sowohl antiviral als auch antibakteriell. Bei Entzündungen im Mund-Rachenbereich am besten einen Tee zubereiten und trinken oder einfach nur gurgeln. Extrakte wirken besser als Tees. Mein Tipp: Frische Salbeiblätter kauen verschafft bei Halsschmerzen zügig Linderung. Weniger effektiv, aber leckerer sind Salbei-Nudeln. Dafür Salbeiblätter vorsichtig in der Pfanne mit etwas Öl anbraten bis sie kross sind, mit etwas Zitronensaft ablöschen und als Nudelsauce verwenden. Salbei ist kein Gewürz für den Dauergebrauch, weil es dann Magenprobleme verursachen kann.

Oregano-Öl hat sich im Labor als wirksam gegen verschiedene Bakterien und Viren gezeigt. Griechischer Oregano soll aufgrund einer anderen Zusammensetzung bei den ätherischen Ölen wirksamer sein als der gewöhnliche. Dazu kommt noch, dass wir in der Küche mit dem echten Kraut sowieso geringere Dosierungen haben, wenn wir beispielsweise das Kraut für italienische Speisen zum Würzen nutzen. Deshalb ist Oregano also lediglich eine kleine „Beihilfe“.

Kamille wirkt aufgrund ihrer ätherischen Öle und sekundären Pflanzenstoffe entzündungshemmend und antibakteriell. Als Gurgellösung oder Tee lindert sie Zahnfleischentzündungen genauso wie Halsschmerzen. Außerdem können die Blüten in kleinen Mengen auch im Salat verwendet werden. Kleine Mengen deshalb, weil Kamille sehr geschmacks- und geruchsintensiv ist. Für die antibakterielle Wirkung ist übrigens nur die echte Kamille verantwortlich. Im Gegensatz zur Hundskamille, die überall blüht und besonders bei Allergikern Ausschlag auslösen kann. Ihre Blätter riechen unangenehm, die Blüten kaum nach Kamille.

Nelkenöl wirkt schmerzstillend und entzündungshemmend. Außerdem hemmt das ätherische Öl Eugenol das Wachstum von Bakterien, Viren und Pilzen. Nelkenöl lässt sich konzentriert in der Apotheke kaufen. Bei Zahnschmerzen eine Nelke auf den betreffenden Zahn lindert die Schmerzen, eine Gurgellösung hilft bei Entzündungen im Mund-Rachen-Raum. Als Gewürz in Rotkraut oder am Braten sind Nelken hauptsächlich verdauungsfördernd.

Zimt ist ein Lorbeergewächs und punktet unter anderem mit dem ätherischen Öl Eugenol, dass typisch für Lorbeergewächse ist. Dadurch ist das Gewürz schmerzstillend und antibakteriell wirksam. Ebenfalls bekannt ist der sekundäre Pflanzenstoff Cumarin im Zimt. Der kann in höheren Dosierungen zu Übelkeit und Erbrechen führen. Deshalb ist Zimt ein Gewürz, das wir uns nur ab und zu gönnen sollten.

Lebensmittel mit heilenden Wirkungen gibt es viele. Und Wissenschaftler sind sich sicher, dass nicht nur einzelne Substanzen positiv auf unsere Gesundheit wirken. Viele Stoffe in unseren Nahrungsmitteln geben noch Rätsel auf. Klar ist bislang: das Zusammenspiel von ätherischen Ölen, sekundären Pflanzenstoffen und Vitaminen stärkt unsere Abwehrkräfte und ist wohl auch für das umfassende entzündungshemmende Potenzial verantwortlich.

Deshalb gilt: Möglichst abwechslungsreich essen und würzen. Dann profitieren wir von allem, was uns die Natur bietet und das wir sehr oft unterschätzen. Ebenso wie ausreichend Schlaf. Beides bringt unserem Immunsystem manchmal mehr als wir denken.

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